Euphorisch gings los, verzweifelt weiter und was ich am Ende fühlen soll weiß ich noch gar nicht so Recht
Der Tag begann sehr entspannt. Ich hatte anständig geschlafen, gönnte mir direkt am Campingplatz ein Frühstück und radelte los. Nach einer Dreiviertelstunde hatte ich dann die bekannten Pfade vom Hinweg hinter mir gelassen und hatte die erste Steigung vor mir. Super gelaunt summte ich "On the road again vor mich hin als sich plötzlich die Kette löste. Ich montierte sie wieder, fuhr weiter und hatte plötzlich kein linkes Pedal mehr. Wie in einem schlechten Slapstickfilm.
Also Pedal wieder montiert und kurz darauf rechts keine Schaltung mehr. Da der vordere Umwerfer auch nicht mehr wollte war ich ab da im Singlespeed-Modus. Auf dem schwersten Gang. Eine Ursache konnte ich nicht ausmachen, ich konnte aber immerhin durch Spannen des Schaltzugs noch einen mittleren Gang auswählen. Während ich dann die Hügel fast alle stehend nehmen musste fiel mir das Pedal weitere zwei Male ab,
Erst da bemerkte ich dass das Pedal auf der anderen, der Ritzelseite ein Stück herausragte. Das erklärte warum das Pedal nicht halten wollte und auch warum der Umwerfer vorne nicht mehr arbeitete.Glücklicherweise war zu diesem Zeitpunkt mehr als genug Frust vorhanden um das Pedal ohne Werkzeug wieder in die richtige Position hämmern zu können.
Ab nun hatte ich immerhin zwei Gänge zur Auswahl, konnte also auf geraden Strecken halbwegs voran kommen. Das Pedal muckte ab da auch nicht mehr, war also nicht wie befürchtet ein Gewinde kaputt, sondern die Werkstatt hatte wohl nur vergessen es festzuschrauben. Ohne den Mist wäre die heutige Etappe übrigens wirklich schön gewesen. Kühl aber trocken entlang einem schönen See ganz für mich allein.
So kämpfte ich mich weiter nach Steinkjer. Meine erste Anlaufstelle war "XXL" in einem Einkaufszentrum. Hatte eine Werkstatt, lag aber im zweiten Stock. Der Verkäufer gab mir zu verstehen dass auf der Hintereseite des Gebäudes "bei den blauen Containern" ein Fahrstuhl wäre um das Rad da hinzubekommen. Lange gesucht, dann irgendeien unbeschrifteten Fahrstuhl gefunden, der aber nur mit PIN zu bedienen war. Wieder rein in den Laden, anderen Mitarbeiter gefragt wie ich denn nun das Rad hochbekäme; Der teilte mir dann mit, dass der einzige Werkstattmitarbeiter heute krank sei.
Wer hätte gedacht dass meine Frustration noch steigern konnte? Dann in der Stadt einen "Sport1" gefunden mit einem leibhaftigen Mechaniker. Nachdem ich sämtliche Taschen, Schlafsack etc. in dem Geschäft verteilt hatte kümmerte der sich um mein Rad, während seine junge Kollegin übersetzen musste. Ich sprech nicht gut genug Norwegisch für Fahrradkram, er nicht gut genug Englisch.
Stellte sich schnell raus, dass da nicht nur ein Zug gerissen war, sondern der Schalthebel selbst wohl defekt war. Natürlich war das Teil nicht vorrätig. Nachdem er eine halbe Stunde in meiner Anwesenheit da rumgedoktort hatte fiel ihm auf, dass ein Teil fehlte. Die letzte Hoffnung war, dass es nur reingerutscht war in den Schalter und hat mich dann zwei Stunden fortgeschickt um den ganzen Hebel zu zerlegen und nachzuschauen.
Ich habe die zwei Stunden dann im Einkaufszentrum verbracht und bin sogar ein klein wenig eingenickt. Erwartung natürlich: Das wars mal wieder. Wann fährt denn der nächste Zug? Als ich dann wieder beim Fahrradladen war gab es aber gute Nachrichten; Das Teil steckte tatsächlich im Schalter, er konnte das fixen.
Ich war zunächst natürlich super glücklich und habe die 500 NOK auch gerne bezahlt, habe die Taschen wieder anmontiert und mich auf zum nächsten Zeltplatz gemacht, war ja auch fast schon wieder 17 Uhr. Derzeit überwiegt etwas die Frustration, weil nach jedem Erfolgserlebnis wieder der Nackenschlag kommt und ich immer den halben Tag davon ausgehen muss dass es das war.
Mal schauen ob ich morgen endlich mal wieder ein paar km gut machen kann ohne weitere Katastrophen.