Nach einer endlich mal ruhigen Nacht gab es Regen, flotte Fähren und große Katastrophen.
So ein Hotelzimmer ohne Möwengeschrei und einem abdunkelbaren Zimmer kann doch echt Wunder bewirken, Ich habe hervorragend durchgeschlafen bis der Wecker dann viertel nach sieben klingelte. Meine Akkus waren alle voll, die Wäsche allerdings nicht gewaschen, weil am Vortag die Maschine konstant belegt war.
Im Regen ging es dann zur Fähre. Das Boot legte um kurz nach acht ab und ich musste mich ordentlich sputen. Nur wenige Minuten vor Abfahrt war ich dann da, erwischte das Boot und hatte dann erst einmal knapp eine halbe Stunde Zeit Kaffe zu trinken zu schauen was denn heute auf mich warten würde.
Der Regen wurde immer kräftiger. das Schlimmste konnte ich aber auf der Fähre und dem anschließendem Frühstück in einer kleinen Wartehalle überbrücken. Und gegen zehn Uhr wurde es dann zwar nicht wirklich schön. aber es nieselte nur noch ein wenig vor sich, so dass ich ab dann ohne Gamaschen und Regenhose weitergeradelt bin.
Ich mag keine Tunnel. Echt nicht. Das heißt: Wenn ich Rad fahre mag ich keine Tunnel. Im Auto stören sie mich weniger. Heute allerdings gab es einen kurzen, geraden Tunnel, vielleicht gute 100 Meter lang: Gut einzusehen, weil ohne Kurven, keine Steigung. Also Gefahrlos. Dieser Tunnel hatte aber noch eine weitere Besonderheit: Da das Navi dachte ich müsse an der Stelle über den Berg war die Passage tiefrot und steil eingezeichnet. Pustekuchen: Entspanntes dahingleiten anstatt Bergziege.
Die heutigen Steigungen waren eigentlich super. Alles andere als flach, aber im kleinsten Gang gerade noch gut zu bewältigen ohne dass die Beine protestierten. Mit einer brauchbaren Trittfrequenz. Alles gut also. Zumindest bis kurz bevor ich den steilsten Punkt passierte. Da fiel die Kette plötzlich vom Kettenblatt. Ist generell doof, wenn man den Berg hochkämpft sowieso. Ich hielt kurz an um die Kette wieder einzufädeln, saute natürlich meine Hände ein und nahm mir vor bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit den vorderen Umwerfer mal zu justieren.
Ich probierte dann ein wenig herum: Welches Ritzel kann ich denn noch verwenden? Gehen die schweren Gänge? Vielleicht wenn ich nur halb runterschalte?
Dann auf einmal ging gar nix mehr. Die Kette rutschte nicht runter, aber verhakte sich komplett. Ich schob dann das Rad bis zur nächsten Leitplanke (ich benötige ja etwas um das Rad abzustellen) und sah das Malheur: Das kleinere Ritzel vorne am Crankset (also den Pedalen) bog sich kräftig zur Seite. Auch schien da eine Schraube zu fehlen. Ob die fehlende Schraube die Schrägstellung verursacht hatte oder umgekehrt verlustig gegangen ist, weil die Komponenten nicht mehr richtig saßen weiß ich nicht. Auf jeden Fall war ab dann das kleinere Zahnrad vorne (und damit die leichteren Gänge) nicht mehr zu gebrauchen. Ich versuchte mein Glück noch mit Brute Force, aber das Zahnrad ließ sich nicht mehr so hinbiegen, dass es brauchbar gewesen wäre.
Immerhin war ich recht weit oben, so dass ich es auch mit den schwereren Gängen schaffte die verbleibenden kleinen Hügel zu erklimmen, wenn auch mit ordentlich Anstrengung, und zusätzlich natürlich mit einer Kettenschrägstellung die man üblicherweise auch eher vermeidet.
Habe mich so noch ins Dorf Mosvik gerettet und dort mein Zelt aufgeschlagen. Aber auch hier und in Ruhe lässt sich da nix mehr reparieren. Habe mit Kabelbinder sichergestellt, dass da wenigstens nicht noch mehr gelöst wird, aber das Ding ist relativ hin.
Habe mich auf der Shimano-Website mal umgeschaut, wie es denn mit Fachwerkstätten aussieht. Die nächste (und auch relativ weit und breit einzige) ist in "Levanger", scheint von den Bewertungen her noch eine richtige Old-School Fahrradwerkstatt zu sein. Dahin zu kommen wäre unter normalen Umständen nicht sonderlich herausfordernd, mit dem aktuellen Material scheints aber ein Schiebetag zu werden. Morgen ist ja ohnehin Sonntag, da darfs dann auch mal etwas langsamer sein; Vor Montag brauch ich da ohnehin nicht antanzen.
Ich habe ehrlicherweise nur so mittel optimistische Erwartungen: Shimano-Komponenten sind schon seit ewigen Zeiten schwer zu bekommen. Das wird an einem norwegischen See nicht besser sein. Meine größte Hoffnung ist fast noch, dass der das mit einem großen Hammer soweit in Ordnung bekommt dass es weiter gehen kann.
Es gibt - wenn alle Stricke reißen - von Levanger aus Zugerbindungen nach Trondheim und dann Oslo. Aber allein das googeln danach hat schon ein klein wenig Weh getan. Hoffen wir mal, dass das irgendwie noch gut ausgeht und warten ab was die nordischen Götter mir noch alles so in die Speichen schmeißen.